Aus der Geschäftsstelle
Jugendsünden?
Ich kann mich gut an meine Jugendsünden erinnern. Zum Beispiel an den Rumtopf. Das war mal ziemlich Mode. Meine Mutter hat damals im Sommer Erdbeeren und Aprikosen in einen Topf getan, dazu Zucker und hochprozentigen Rum. Der Topf kam in die Speisekammer. Mit dreizehn Jahren betrat ich zufällig die Speisekammer und öffnete diesen Topf. Die Früchte. Eine Erdbeere habe ich mir geangelt. Hmmm, die war so was von lecker. Das Problem war: Sie war zuuu lecker. Denn ein paar Minuten später sehe ich, wie sich meine Hand von meinem Körper löst und wieder im Rumtopf landet. So ging das tagelang. Irgendwann habe ich dann den Boden des Rumtopfs gesehen. Weil nur noch so wenige Früchte drin schwammen.
Vor Weihnachten lud meine Mutter dann Gäste ein. Zum Rumtopf! Ich war dabei, als sie den Deckel abhob.
„Ei, wo sind denn die ganzen Früchte hin?“, staunte sie. Und ich, jetzt kommt die zweite Sünde neben dem Diebstahl der Früchte, ich habe mitgestaunt!
So saßen die Gäste mit nur ein, zwei Früchten vor ihren Bechern. Und ich bekam eine Spezi. Denn Alkohol war für so einen Heranwachsenden ja noch tabu!
Liebe Mama, jetzt bist du schon mehr als zehn Jahre tot. Und ich habe dir das nie gebeichtet. Vielleicht hast du es geahnt und mich trotzdem nicht geschimpft. Es tut mir sehr leid. War dumm! Vor allem das Staunen mit den anderen. Aber ich bin sicher, du hast mir so oder so längst vergeben.
Seien Sie gut zu sich!
Ihr
Felix Leibrock
Pfarrer, Geschäftsführer des Evangelischen Bildungswerks, Autor
P.S.: Videos und meditative Texte finden Sie auch hier: https://www.instagram.com/felixleibrock/